Gedenkrede für Greta Lichtner


 

Liebe Familie Lichtner, liebe Trauergäste,


wir haben uns heute hier versammelt, um eine ganz besondere Frau zu ehren - und zu verabschieden: eure geliebte Mutter, Schwiegermutter, Oma, Uroma und Freundin Greta Lichtner – eine vielseitige, intelligente und einfallsreiche Frau – vor allem aber eine Frau, für die die Familie und deren Wohlergehen alles bedeutet hat…


Greta – du wurdest am 20. März 1931 als Greta Heinrich in Dresden Friedrichstadt als Tochter von Max und Margarete Heinrich geboren. Dein Bruder Gerhard war dir ein wertvoller Gefährte: Immer habt ihr euch gut verstanden und einander geschätzt - auch, wenn euch keine gemeinsame sorglose Kindheit und Jugend vergönnt war, denn der 2. Weltkrieg und seine Folgen überschatteten euer noch junges Leben und zeigten dir auf harte Weise wie endlich – wie kostbar das Leben ist. Dein Vater und dein Bruder gerieten in Kriegsgefangenschaft, eure Wohnung in der Berliner Straße wurde zerbombt. Doch du erwiest dich als zäh: Am Ende des Krieges konntet ihr Hilfe und Unterstützung bei Verwandten auf dem Lande südlich von Dresden finden – dort gab es eine Unterkunft und Lebensmittel und natürlich hast du deinen Beitrag geleistet und tatkräftig in der Landwirtschaft mitgearbeitet!


Nach deiner Ausbildung als Hauswirtschafterin tratest du deine erste Arbeitsstelle bei der Bahnpolizei an und bekamst anschließend eine Stelle als Verwaltungsleiterin in einer Schule für Binnenhandel, der du mit Leidenschaft nachgingst.

Das Erwachsenwerden bringt jedoch zum Glück nicht nur Arbeit mit sich, sondern auch die Teilhabe an der wunderbaren und wundersamen Welt der Liebe…


Deine erste Liebe fandest du in Wolfgang, dem du noch sehr jung – mit 21 Jahren am 02.12.1952 das Ja-Wort gabst. Schon im darauffolgenden Jahr erblickte die kleine Annelies das Licht der Welt. Kindereinrichtungen waren zu dieser Zeit leider rar, so dass du deine Tochter deinen Eltern anvertrauen musstest, um selbst arbeiten zu können. Jeder weiß, die erste große Liebe ist etwas Besonderes – allerdings weiß man auch, dass diese nicht unbedingt für die Ewigkeit bestimmt ist. So wurde deine Ehe mit Wolfgang nach drei Jahren geschieden. Dein Herz war wieder frei und der Glückliche, der nun bald seinen Platz darin einnehmen durfte, war Holger. Die erste Zeit mit ihm – eure „wilde Ehe“, wie man heute sagen würde, war wohl eine deiner glücklichsten und verwegensten Zeiten. Zusammen seid ihr viel verreist, habt verrückte Sachen angestellt, euch sogar einen Rennwagen zugelegt und mit Sicherheit eure Verliebtheit in allen Zügen genossen. Nach sechs Jahren wart ihr euch immer noch sicher: „Wir gehören zusammen!“ und so wurdest du am 06. Oktober 1961 die Frau von Holger und damit zu Greta Lichtner.


Es gibt diese Definition von Liebe sie sei die Sehnsucht zu zweit ein Drittes zu bilden, das vielleicht besser ist als man selbst… Diese Sehnsucht wurde für euch zur Realität und das gleich zweimal. 1962 kam euer erster Sohn Jens auf die Welt und 1964 komplettierte der kleine Ulrich eure glückliche Familie. Es lag dir sehr am Herzen dich selbst um deine Kinder zu kümmern und ihnen ein schönes Heim zu bereiten – so hast du in den folgenden zehn Jahren all deine Energie in die Versorgung der Familie und die Erziehung der Kinder gesteckt! Eine Krippe oder einen Kindergarten haben deine Söhne nie kennengelernt, dafür verbrachten sie mit dir und Holger ihre vielleicht schönsten Kindertage in Moritzburg am Mittelteichbad, wo ihr über einige Jahre von Mai bis September Quartier bezogt - so lange, bis die beiden Söhne in die Schule kamen.


Von nun an musste alles Campingglück in den Schulferien getankt werden und das tatet ihr am Scharmützelsee, sogar noch im Herbst, wenn die Wohnwagen und Häuschen schon winterfest gemacht wurden. Oft war bei euren Campingurlauben auch Annelies mit von der Partie. Alle zusammen machtet ihr euch auf die Suche nach Pilzen und das beste Obst der Saison wurde von dir mit viel Leidenschaft konserviert – und so die Freuden des Sommers in der Natur noch etwas für die Familie bewahrt.

Als deine zwei Jungs immer selbständiger wurden, entschiedst du dich einen Neustart ins Berufsleben zu wagen und warst auf diesem Wege sehr engagiert und fleißig. An der Abendschule machtest du eine Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau. Diese Qualifikation brachte dir eine Stelle, zunächst als Sachbearbeiterin, im damaligen VEB Elektromat ein. Dort konntest du deine Intelligenz und dein Händchen für Projektführung unter Beweis stellen und verdientest dir so schließlich eine Stelle als Materialwirtschaftlerin, bei der du auch dein hervorragendes technisches und mathematisches Verständnis einbringen konntest.


Etwas Erholung und Zeit für Hobbys fandest du im Handarbeitszirkel bei Elektromat. Als geselliger und vor allem sehr naturverbundener Mensch hattest du selbstverständlich noch andere Leidenschaften: Der Skatklub, in dem du nicht nur Mitglied, sondern Teil eines guten und engen Freundeskreises warst, traf sich jede Woche zum Kartenspiel. Von dem eingebrachten Geld unternahmt ihr oft alle zusammen erlebnisreiche Fahrten – nach der Wende sogar an den Gardasee nach Italien.

Außerdem liebtest du es, die Berge zu erkunden und zu wandern – auf Tour gingst du mit den Freunden des Skatklubs und natürlich mit deiner geliebten Familie. Mit den Jungs und Holger bist du außerdem gerne an die Ostsee gereist und auch einmal nach Tschechien.


Allzu viel Freizeit konntest du dir natürlich nicht gönnen, denn daheim wartete immer viel Arbeit auf dich: Ihr hattet ein großes Stück Gartenland, das es zu bewirtschaften und klug zu nutzen galt: Die Misteln an euren Bäumen sowie die blauen Wiesenblumen hast du an die umliegenden Blumenläden verkauft und so die Familienkasse aufgebessert.


Als tierlieber Mensch hattest du außerdem die Sorge für allerlei Geschöpfe, die im Stall eures kleinen Bauernhauses ein Heim gefunden hatten: Hühner, Kaninchen, Katzen, zeitweise eine Ziege und sogar ein Schwein namens Norbert, dem du tatsächlich ab und zu, wenn es extra Zuwendung brauchte, wie einem kleinen Kind einen Topf Puddingsuppe gekocht hast!


Deine meiste Zuwendung bekamen selbstverständlich deine Söhne – deren Erziehung war deine Sache; gerne hast du bei den Hausaufgaben geholfen und das nicht nur in der Grundschule.  Zum Glück warst du ein Nachtmensch und konntest so mit flinken und geschickten Fingern Jens‘ handgeschriebene Diplomarbeit in einer nächtlichen Eilaktion mit Hilfe deiner Schreibmaschine in Reinform bringen.


Dass eure Söhne sich bei euch rundum wohl gefühlt haben, beweist die Tatsache, dass sich beide genau auf eurem Grundstück ein eigenes Wohnhaus errichtet haben. Du und dein Mann habt dabei natürlich mitgeholfen – Holger hat auf dem Bau mit angepackt, während du die Handwerker beköstigt hast.

Dein Engagement ging jedoch weit über dein eigenes Haus und deine eigene Familie hinaus…


Bei deiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Rat des Klubhauses „Friedrich Wolf“ konntest du an vielen Veranstaltungen mitwirken. Die Klubhausleiterin Carmen Platz wurde deine enge Freundin. Bis zum Schluss habt ihr euch gerne getroffen und konntet über die alten Zeiten mit vielen guten Erinnerungen schwatzen. Zudem warst du jahrelang aktives Mitglied im Elternbeirat der Oberschule deiner Söhne.


In deinen späteren Jahren hast du dich wieder vollständig der Familie gewidmet und hast all ihren Mitgliedern nach deinen Kräften und Möglichkeiten geholfen: Nach dem Tod deiner Mutter und deiner Schwiegermutter hast du dich liebevoll um deinen Vater und Schwiegervater gekümmert. Jedes Wochenende hattest du sie bei dir zu Gast und hast gut für sie gekocht. – Auch deinen geliebten Bruder, der kurz nach der Wende von dir ging, hast du gepflegt.


Genauso wichtig war es dir jedoch, am Leben der jüngeren Generationen teilzuhaben. Du hast deine Enkel und Urenkel immer viel um dich gehabt und wenn nicht, hast du dich stets nach ihrem Befinden erkundigt. Da gab es sicherlich viele Geschichten zu hören über deine acht Enkel Anja, Helmut, Erich, Thorsten, Linda, Nancy, Sarah und Nicole sowie über deine sieben Urenkel Elena, Laura, Peter, Max, Lea, Quintus und Jaron…


Und am liebsten war es dir, sie alle auf einmal um dich zu haben! Die Höhepunkte im Jahr waren für dich die Familienfeiern, wie deine runden Geburtstage, die von euch immer sehr festlich begangen wurden. Auch am zweiten Weihnachtsfeiertag wart ihr traditionell immer in sehr großer Runde beisammen. Diese Zusammenkunft mit all deinen Liebsten war für dich mit Sicherheit das beste Geschenk und der größte Segen!

Und was einem das Liebste ist, sollte man am besten auch mit auf Reisen nehmen – und so hast du 1991 sogar einmal deine ganze große Familie mit Kindern und Enkeln zu einem Winterurlaub nach Österreich eingeladen.


Die Großzügigkeit, mit der du andere bedacht hast, wurde dir später selbst wieder zuteil – bei Helmut und Anja, die zeitweise in der schönen Schweiz lebten, warst du zusammen mit ihrer anderen Oma Marion ein gern gesehener Gast und verbrachtest dort erlebnisreiche Urlaube.

So vergänglich wie ein schöner freier Sommertag oder ein glückliches Lachen, als so vergänglich zeigt sich leider auch irgendwann das ganze Leben… Von deinem geliebten Holger musstest du dich schon am 04.07.2002 verabschieden. Fortan hast du alleine aber gewiss nicht ganz einsam in eurem gemeinsamen Haus in Klotzsche gelebt – ein Haus voller Erinnerungen, in dem nun deine Enkel ein- und ausgingen und es weiterhin mit Freude füllten.

 

Bis zu deinem 80. Geburtstag hattest du schon so viel erlebt, so viel gearbeitet - hast dich stets als tüchtig, engagiert und belastbar erwiesen und diese Stärke sollte dich selbst nach einem plötzlichen Hirnschlag nicht verlassen, von welchem du dich sehr gut erholt hast. Vielleicht mochte dein Kurzzeitgedächtnis nicht mehr das alte sein – aber das Wertvollste, deine frühen Erinnerungen blieben dir erhalten und über diese konntest du mit deinen Freunden wie eh und je plaudern und lachen.

So wie du immer für deine Freunde und deine Familie da warst, waren sie am Ende deines Lebens wie ganz selbstverständlich für dich da. Deine Kräfte mochten dich verlassen, deine Liebsten jedoch rückten umso enger zu dir hin…


Ein besonderer Dank ist hier an Maria auszusprechen, welche sich neben einem Pflegedienst an vielen Tagen in der Woche morgens und tagsüber liebevoll um dich gekümmert hat, während dich deine Kinder Annelies, Jens und Ulrich sowie deine Schwiegerkinder Dietrich und Heidi an den Abenden und Wochenenden umsorgt haben.


Eine Mutter bringt ein Kind zur Welt und damit ins Leben hinein – sie ist der Beginn von allem, ist da für das Kind vom ersten Atemzug an... Gibt es da etwas Passenderes, etwas Ehrenvolleres, als dass eine Mutter von ihrem eigenen Kind aus dem Leben verabschiedet wird und von ihm begleitet wird, wenn sie ihrem letzten Atemzug tut? Genauso durftest du es erfahren. Mit Jens und Ulrich an deiner Seite bist du am 29.05.2021 friedlich und ohne Schmerzen eingeschlafen.


Dass du nun deine letzte Ruhe finden wirst, bedeutet nicht, dass du diese Welt für immer verlassen hast!

Deine Liebsten werden fragen: „Wo ist sie nun hin…?“ und man kann ihnen antworten: „Blickt um euch, dann seht ihr sie! Ihr seht sie in euch selbst, in all ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln, denen sie ihre Liebe geschenkt hat.“


Alles, was wir im Leben tun, wird sich in die Unendlichkeit fortsetzen. So wird all dein gutes Handeln niemals vergehen, deine Liebe für deine Familie niemals sterben – sie wird in all ihrer Spannweite in ihr weiterleben und sich immer weitertragen.

Genauso lebendig bleiben die Erinnerungen an dich und dein inspirierendes Gemüt: humorvoll und lebensfroh, klug und tüchtig, verzeihend und großzügig mit einem offenen Herzen, das sich stets um das Wohl der anderen gesorgt hat; beharrlich und bescheiden – deine Zeit mit deiner Familie und in der Natur zu verbringen, das war für dich das gute Leben…


Das Leben, dessen Verletzlichkeit du früh kennenlernen musstest – doch möglicherweise hast du genau so gelernt, das Beste aus allem zu machen. Das Wichtigste, was man von dir lernen durfte ist, dass man das Licht, welches das Leben auf einen strahlt nicht schlucken darf – man muss es streuen, damit es sich verstärkt. Du warst der Kristall, der das Licht gestreut hat und bist es noch! Doch würde dir ein anderes Gleichnis vielleicht besser gefallen: Wie drückt es eine Skatweisheit so passend aus: Trumpf ist die Seele vom Geschäft. Du warst der Trumpf, Greta! Du warst die Seele vom Geschäft!


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